Hallo zusammen, seit dem 01.08.10 absolviere ich eine Ausbildung als Fachinformatiker für Systemintegration. Nun, nach 3 1/2 Monate und kurz vor Ende der Probezeit, tendiere ich sehr stark dazu meine Ausbildung abzubrechen.
Dafür gibt es mehrere Gründe - im Folgenden stichpunktartig aufgelistet:
Verstöße gegen den Ausbildungsvertrag:
- laut Vertrag zuständiger Ausbilder hat mit Ausbildung nichts zu tun
- keine Ausbildungsordnung bekommen
- keine Erwähnung, geschweige denn Kontrolle bzgl. Berichtsheft
- ausbildungsfremde Tätigkeiten:
* Einkaufen für die Firma
* Reifen wechseln lassen
* Kaffeeautomat auffüllen und säubern
* abwaschen
* bei Chef zuhause Scheune aufräumen
* bei Chef zuhause private Möbel schleppen
* "Wareneingang"
- Überstunden werden nicht bezahlt oder sonst wie vergütet
- oftmals keine Mittagspause und somit folglich 9 Stunden pro Tag + teilweise längere Arbeitszeit
Ausbildungstechnische Gründe:
- kein fester Ansprechpartner
- Kollegen haben keine Zeit für Fragen, man erhält oft forsche Antworten
- nur dem Betrieb dienliche Aufgaben / keinerlei Berücksichtigung des Rahmenlehrplans
- keinerlei Schulungen oder Einweisungen
-> man wird in dem Sinne überhaupt nicht ausgebildet, sondern erledigt nur anfallende Aufgaben.
Persönliche Gründe:
- schlechtes Arbeitsklima
- kein Team:
* Kollegen kümmern sich NUR um ihre Angelegenheiten, keinerlei Hilfe
- Missachtungen durch Chef/Kollegen:
* Ein Kollege hat mir demonstrativ nicht zum Geburtstag gratulliert, mit der Begründung "Sind wir Freunde oder was?"
- Zurechtweisungen durch Chef wegen Nichtigkeiten - Zitate aus einem Telefonat, welches ich gestern mit dem Chef geführt habe (das ganze in einem sehr aggressiven Tonfall, zeitweise schreien):
"Du denkst doch überhaupt nicht nach!"
"Du hast den Kopf zu!"
"Du verhälst dich total dämlich!"
"Ich komm gleich vorbei und öffne dir mal den Kopf, wenn du zu unfähig bist und dann passiert was, dann weißt du nicht mehr wo oben und unten ist, das verspreche ich dir!"
- Chef setzt einen generell unter Druck
Allgemeine Gründe:
- anderer Azubi (IT-System-Kaufmann) übt 1:1 selbe Tätigkeiten aus
- Änderung nicht absehbar
- Verdacht Azubis als billige Arbeitskräfte zu nutzen
- bisher kein Azubi übernommen
- letzte Auszubildende nach der Einarbeitung der neuen Auszubildenden gekündigt
Auf ein paar dieser Punkte gehe ich jetzt noch näher ein.
Ausbildungsfremde Tätigkeiten: Ansich habe ich da kein Problem mit und ich finde Tätigkeiten wie einkaufen, abwaschen, Kaffeeautomat auffüllen und Reifen wechseln lassen auch noch okay. Für den Chef zuhause private Arbeiten zu erledigen sehe ich aber schon als grenzwertig an. Ich habe nur der Übersicht halber alles aufgeführt.
Überstunden und Mittagspause: Meine Regelarbeitszeit ist von 8 - 17 Uhr. Es kommt öfters vor, dass ich auch bis 17:30 da bleibe. Einmal war ich sogar bis 20 Uhr da - das aber wirklich nur einmal. Meistens habe ich dann schon so zwischen 17:00 und 17:10 Feierabend. Wegen 10 Minuten will ich ja auch gar nichts sagen, aber wenn ich wirklich ab und zu eine halbe Stunde länger machen muss, summiert sich das im Laufe der Zeit auch ganz schön. Vergütet werden diese Überstunden aber in keinster Weise - weder finanziell, noch als Freizeitausgleich. Das Hauptproblem an der Sache ist aber, dass ich wirklich öfters mal keine Mittagspause mache, weil ich sonst nachher länger bleiben "muss". Das bedeutet dann, dass ich von morgens 8 Uhr bis Abends 17 Uhr in eins durcharbeite. Sicherlich kann ich dabei essen und alles, aber eine Pause in dem Sinne habe ich dann nicht. Es gibt in der Firma auch gar keine Möglichkeit die Mittagspause entsprechend zu verbringen. Da es keinen Aufenthaltsraum gibt, muss ich, sofern ich die Pause in der Firma verbringe, an meinem Platz bleiben. Und wenn ich da dann bin, muss ich auch weiterhin ans Telefon gehen. Nach Hause kann ich auch nicht, da die Firma etwa 30 km entfernt liegt. Folglich arbeite ich teilweise 9 Stunden + mögliche Überstunden nach 17 Uhr. Der Chef und die anderen Mitarbeiter kriegen das auch mit, es ist aber scheinbar so gewollt und interessiert auch niemanden. Bei den anderen Kollegen ist es aber zum Teil auch so, dass sie keine Mittagspause machen und dann sogar von 8 bis 18 Uhr arbeiten.
Damit komme ich dann auch zum nächsten Punkt - dem Arbeitsklima:
Wie bereits erwähnt, arbeitet jeder nur für sich und untereinander geredet wird kaum. Selbst nach dem Wochende wechselt man untereinander keine Worte - man sagt "Guten Morgen" und widmet sich unverzüglich seinen Aufgaben. Eine gemeinsame Pause gibt es wie oben geschildert ja nicht, sodass man wirklich nur den ganzen Tag in der Werkstatt sitzt und die Arbeit verrichtet und dabei nur die nötigsten Worte wechselt. Auch als ich z. B. Geburtstag hatte wurde ich nicht mal irgendwie etwas gefragt oder besonders gewürdigt. Ein Kollege hat mir sogar demonstrativ nicht gratuliert mit der Begründung "Gratulieren?! Pff.. Sind wir Freunde oder was?". Das hat er gesagt, als er gesehen hat, wie andere mir gratuliert haben.
Dann wird man gelegentlich auch noch forsch angesprochen, wobei ich hier nur auf das gestrige Beispiel mit dem Chef eingehe. Ich hatte den Chef am Telefon und er wollte einen anderen Mitarbeiter sprechen. Dieser Mitarbeiter hat aber wohl zeitgleich versucht den Chef anzurufen, sodass das Gespräch weg war, als ich es durchgestellt habe. Von meinem Platz aus konnte ich aber nicht sehen, dass der entsprechende Mitarbeiter am telefonieren war. Das war wirklich der einzige Grund, warum der Chef mich dann, in einem sehr unfreundlichen Ton, denunziert hat.
Zitate:
"Du denkst doch überhaupt nicht nach!"
"Du hast den Kopf zu!"
"Du verhälst dich total dämlich!"
"Ich komm gleich vorbei und öffne dir mal den Kopf, wenn du zu unfähig bist und dann passiert was, dann weißt du nicht mehr wo oben und unten ist, das verspreche ich dir!"
Aber auch einige andere Mitarbeiter neigen dazu, ab und zu ausfallend zu werden.
Abschließend gehe ich dann noch auf den anderen Azubi, der sich mittlerweile im 3. Lehrjahr befindet, bzw. auf Azubis generell ein. Wie oben aufgeführt macht er eine Ausbildung als IT-System-Kaufmann. Jedoch macht er wirklich 1:1 die selben Aufgaben wie ich. Kaufmännisch hat er in der Firma NIE etwas gemacht. Die letzte Auszubildende zur Bürokauffrau wurde nach ihrer Ausbildung gefeuert - aber nicht direkt, sondern erst nachdem sie die neue Auszubildende (ihrer Nachfolgerin) 2 Wochen lang eingearbeitet hat. Auch generell wurde bisher, soweit ich das in Erfahrung bringen konnte, noch KEIN Azubi nach der Ausbildung übernommen.
Insgesamt betrachtet kommt bei mir da der Verdacht auf, dass man Azubis einfach nur als billige Arbeitskräfte ausnutzen will. Man lernt wirklich nur das, was letztendlich der Firma nützt. Andere Dinge, die z. B. im Rahmenlehrplan stehen, werden gar nicht berücksichtigt. Das hat mir auch der Azubi im 3. Lehrjahr bestätigt.
Aufgrund all dieser Punkte ist bei mir der Wunsch zu kündigen stetig gewachsen. Der Höhepunkt war gestern das Telefonat mit dem Chef.
Ich habe auch schon zu Beginn versucht noch irgendwo anders unter zu kommen und Bewerbungen rausgeschickt, leider ohne Erfolg. Ende dieses Monats läuft aber die Probezeit aus und ich habe definitiv nicht vor die ganzen 3. Jahre bei so einer Firma zu verbringen.
Daher die Frage: Was würdet ihr an meiner Stelle tun? Ist kündigen wirklich die einzige Möglichkeit? Aus meiner Sicht gibt es jedenfalls keine Alternative.